Wein-Büchlein

 

Weinbüchlein (1584)

(Transkription in heutiges Deutsch von Dankward Heinrich, 2020)


Lustige und summarische
Beschreibung der Namen, Arten,
Kräfte und Eigenschaften fast aller der
Weine, welche sonderlich in Deutschland
wachsen, darin geführt und also
darin bekannt werden.

In verständlichen Reimen verfasset
und durch Samuel Dilbaum, Bürger
in Augsburg, in den Druck
verfertigt 1584



Beschreibung der Weine, welche in
deutschen Landen bekannt sind.


Mir ist, wie Martialis spricht,
ich mach nüchtern kein gut's Gedicht.
Wenn aber ich ein Rausch hab zecht,
so kommt mir dann die Kunst erst recht
und fällt mir wunderbarlich ein:

Weil dann die Kunst der edle Wein
dermaßen bringt und Klugheit macht,
hab ich für billig jetzt geacht,
damit ich nicht undankbar bleib,
das ich ihm kurz sein'n Namen beschreib,
auch Wirkung, Art, Natur und Stärk
und wo er wächst, deshalb so merk.

Erklärung der Weine

Ein Malvasier der edelste Wein,
könnt stärker nicht noch besser sein,
der gibt mit seiner Eigenschaft
Den Gesunden Freud, den Kranken Kraft.

Der Curßwein ist auch wohl bekannt,
von Corsica der Insel benannt.

Der Wein von Taio gleicht sich schier
an Kraft und Geschmack dem Malvasier.

Ein köstlich Wein ist Tribian,
da trinkt man bald einen sich an.

Für bündig gut sind Griechischwein,
wer 's trinken will, der zech 's hinein.

Ein roter Wein, der heißt Pinol,
schleicht süß hinein, schmeckt trefflich wohl.

Traminer ist ein hitzig Trank,
hilft manchem auf, der sonst liegt krank.

Man bringt ein Wein von Felters her,
dem misst man auch zu große Ehr.

Der Rheinfall ist allweg der best
unter den süßen Weinen gewest.

Der Wildbacher wird auch gepreist,
der einen mit Stärk sein Tück beweist.

Vernatscher lässt sich trinken wohl,
ist süß und macht einen selten voll.

Die Trollinger sind dick und rot,
man trinkt 's zur Lust und nicht zur Not.

Auch ist der Kolabuger wert,
der macht, dass einem sein Sprach verkehrt.

Nundtipziantzer gut und süß,
der machet leicht die schweren Füß.

Der Leittacher steigt ein mit Hitz,
in Kopf, dass er verliert den Witz.

Rassaner sind dick, süß und gut,
und sehen wie ein's Kälbleins Blut.


Der Wein, so man aus Frankreich bringt,
macht das der Kopf einem saust und singt.

Man lobt auch fast Burgundisch Wein, 
sie sollen stark und kräftig sein.

Die Scoranier ich auch nicht schelt,
wiewohl sie sind nicht sonders mild.

Der Simcher Wein brennt recht vor Glut,
den uns Gott vor dem Türken behüt.

Wer starken Gedrger knollet trinkt,
von einer Wand zur andern sinkt.

Rechnitzer auch im Ungarland,
die brechen einem bald sein Verstand.

Wer an dem Ruster zecht ein Schopff,
empfindet zwei Tag ein schwachen Kopf.

Der Hepffwein fördert bald ins Bett,
macht dass er tille telle red.

Trabuler man auch loben soll,
sein lieblich, rot und schmecken wohl.

Der Eppaner frischt einem sein Herz,
doch trink nicht viel, er duld kein Scherz.

Dem Brixner gibt man auch viel Preis,
wer sein viel trinkt, verkehrt sein Weis.

Der Eckwein lustig zu trinken wär,
wenn er den Kopf nicht machet schwer.

Die Osterwein sind ferner gut,
den Trinker machen's wohlgemut.


Wenn sie sind unvermischt und gerecht,
so find man derer wenig schlecht.

Wer Gumboldskirchers trinkt zwei Maß,
der kann allein nicht gehn sein Straß.

Es wächst auch guter Wein bei Güntz,
Darin vertrunk ich all mein Münz.

Wer Eysenbergers zu ihm faßt,
im Überfluß, der läuft nicht fast.

Der Wein so wächst zu Leutrheritz,
ist wässerig und nicht viel nütz.

Ein Trank heißet Miserere Wein,
Das kann zu tricken lieblich sein.

Wer sich an Luetenberger richt,
ihm selbst damit sein Hirn zerbricht.

Buechberger wird nicht wenig globt,
der macht, dass einem sein Hirn tobt.

Veltliner ist ein edler Saft,
schön an der Farb, gut an der Kraft.

Schaffhauser trinkt sich gerne ein,
auch für einen guten roten Wein.

Der Sandwein ist gut, süß, schier schwarz,
und Wohlgeschmack wird's dir bracht, so gwarts. 

Ein Ort im Rheintal heißt Balgach,
Da wächst ein Wein, der macht sein Sach.

Die Gänsfüß sind zu essen gut,
doch getrunken macht es noch mehr Mut.

Sultzfelder behält im Frankenland,
den größten Preis und Oberhand.

Von neuen Weinen ist ein Frank,
das allerbest und süßeste Trank.



Man führt auch Wein von Pfeddersheim,
die schmecken wohl in Mosten eim.

Den Wein, so wächst bei Franckenhausen,
am Main, lass mich auch einen mausen.

Von Stärk Elsässer hat sein Lob,
Steigt aber einem ins Hirn gar grob.

Der Wetterwein ist gut und stark,
dringt einem hinein bis auf das Mark.

Man sagt: Es wächst viel Wein bei Prag,
willst wissen, was er kann, so frag.

Wer den Rheingauer recht erwischt,
macht dass er all sein Leids vergisst.

Ein guter Wein wächst im Rheinthal,
den nehm ich, wenn ich hätt' die Wahl.

Der Wein, den man Kerschperger heißt,
der wächst in Meissen, wer's nicht weiß.

So ist der Rhinwein Geschmack im Mund,
und sein natürlich stark und gesund.

Der Wanger wird auch gut geacht,
der einen Sankt Urbans Plag oft macht.

Der Terzant ist ein gschmacher Wein,
doch will er mäßig trunken sein:

Wer sich am Marwein überzecht,
wird stückend voll und geschieht ihm recht.

Ein Wein aus Steiermark heißt der Schrot,
erquickt mich, wenn ich halb wär tot.

Auch den Breisgauer lobt man fast,
darauf sich gewöhnlich freut ein Gast.

Bergstraßer wächst vom Rhein nicht weit,
macht voll und fröhlich oft die Leut.

Ein Geschmäcklein hat der Tauberwein,
noch dringt er einem ins Hirn hinein.

Die Neckarwein sind frisch und gesund,
ergeben doch nicht viel im Mund.

Die Tübinger, die schilchen wohl,
Wer sie übertrinkt, der wird auch voll.

Ramßthaler unter dem Neckarwein,
soll besser denn die ander'n sein.

Den Elffingerwein ich auch lob,
weil er an mir hat tun sein Prob:
Denn als ich einstmals krank gewesen
macht er das ich bin wieder genesen.

Trechshauser sich auch wohl vergeht,
wer sich nicht auf guten Wein versteht.

Zu Dürkheim wächst er ziemlich gut,
doch keim in Kopf nicht riechen tut.

Nicht besonderes ist an Reiffenwein,
den legt man umbs Advent erst ein.

Die Seewein sind unmild und sauer,
ihr acht kein Bürger, noch kein Bauer.
Wo er einen anderen trinken kann,
so sieht er diesen lang nicht an.

Doch schwoebet der Meerspurger ob,
den anderen mit seinem Lob.

Der Michelsberger heißt ein Wein
bei Ulm, der könnt nicht schlechter sein.

Der Wein von Landshut ist kein nütz,
trink wie viel willst/ du hast kein Spitz.

Den Durst allein Kelhaymer löscht,
man hielt's für Essig, wer's nicht wüsst.

Und dass ich's mit einem guten beschließ,
Rosatzer ist auch lieblich süß.

Dergleichen Wein wie oben gemeld,
Find einer um sein ziemlich Geld
im Land zu kaufen allenthalb.
Die sind der Deutschen Herz und Salb.
Wer aber meint, ich hab's nicht gar,
der selbst zieh hin und mehr erfahr.
Sie mögen wohl vorhanden sein,
wiewohl's mir jetzt nicht fallen ein,
die schreib ein jeder selbst hinzu,
dann ich will's lassen sein in Ruh.

Damit ich bald zur Endschaft kumm,
Deshalb vernimm in einer Summ:
Wer ziemlich trinkt seinen guten Wein,
mag gesund dabei und fröhlich sein:
Der aber stets liegt in der Füll,
sich selbst zum Todbett fördern will.

Der Brauch ist gut, der Mißbrauch schad,
Darum dich nicht zuviel belad.
Mehr Menschen kommen in das Grab,
die in die Häls selbst trinken ab,
denn die umkommen durch das Schwert,
sogar hat sich die Welt verkehrt,
als die Erfahrung täglich lehrt.

Darum des Saufens dich enthalt,
so magst mit Gesundheit werden alt,
dieweil der Wein so kräftig ist, 
dass wer ihn trinkt sein Leids vergisst:
So wird der billig hoch ergetzt,
der oft damit seinen Kragen netzt.

Denn Gott hat beschert fürs Menschen Leib
den Wein, dass er sein Sorg vertreib,
das Herz erquickt und fröhlich macht,
das ist der Grund der ganzen Sach.
Deshalb ich jetzt und noch füran
ihn genügsam nicht erloben kann.

Das hab ich diesem edlen Trank
dem lieben Weingedicht zu Dank.
Der mich auch oft so fröhlich gemacht,
das mir mein Herz im Leib hat gelacht.

Hat mir mein Unmut oft vertrieben,
Der mich sonst längst hätt aufgerieben.
Darum ich schuldig mich bekennt,
das ich die Arbeit drauf gewendt.
Und beschrieben hab sein Kraft und Lob,
er liegt doch allen Freuden ob.
Gibt mehr Lust und Ergötzlichkeit,
denn ander Ding sonst weit und breit.

Gott sei Lob, Preis in Ewigkeit. Amen.

Getruckt zu Augsburg, bei Josias
Woerly,  beim heiligen Kreuz.